am 12. November 2014

1. Bericht von Veronika

Es kommt einem so vor, als wuerde die Zeit hier in Bolivien doppelt so schnell vergehen als im Alltagsleben in Oesterreich bzw. Deutschland. Wahrscheinlich sind es die ganzen neuen Eindruecke; jeden Tag an dem man denkt, man habe schon so viel erlebt, wird man am naechsten Tag mit neuen Erfahrungen ueberrascht.

Der grosse Temperaturunterschied war der erste Punkt, den wir schon in den Eingangshallen des Flughafens merkten. Vom mitteleuropaeischen Septemberwetter gepraegt, durften wir noch einmal in den Sommer eintauchen. Auch das Empfangskomitee nach der Ankunft im Haus des Segens ist nicht mit Aehnlichem in unseren Heimatlaendern zu vergleichen. Sofort wurde das Begruessungslied angestimmt, jeder der in der Naehe war klatschte und schwingte mit. Natuerlich, wie es in Bolivien so ueblich ist, wurden wir dann fest abgebusselt und wer sich schon nicht nach der informativen Taxifahrt ueber Land und Kultur wohl fuehlte, hatte sich spaetestens zu dem Zeitpunkt wie zu Hause gefuehlt.

Obwohl man glauben koennte, die Begruessung am Tor waere das Highlight des Tages gewesen, so liegt man falsch, denn dies wurde trotzdem noch uebertrumpft. Eine Torte, gehoert zu jeder „Fiesta“ (ein Geburtstag ohne Torte ist zum Beispiel kein Geburtstag) und zwar primaer, um seinen Kopf in ihr zu versenken. „¡Morde la torta!“ heisst es, was woertlich uebersetzt, „Beis die Torte!“ bedeutet, doch man hat es nur richtig gemacht, wenn das Gesicht danach voller Zuckerguss ist, woraus diese Kalorienbombe auch hauptsaechlich besteht. Danach wird sie natuerlich gerecht aufgeteilt und es wir mit einem Soda, oder aehnlichem Besonderen angestossen. Die Taenze sind natuerlich auch ein wichtiger Teil eines Festes, die schon Tage zuvor geprobt und in traditionelle Kostuemen aufgefuehrt werden.

Die Offenherzigkeit der Bolivianer wird jedes mal wieder aufs Neue bestaetigt. Entweder im „Micro“, einem oeffentlichen Kleinbus, in dem die Maenner selbstverstaendlich aufstehen, um uns Damen ihren Platz zu geben, oder zumindest anbieten die schweren Sackerl und Taschen auf ihren Schoss zu nehmen. Auch wenn man sie bittet, einen zum Beispiel auf dem Weg zum Kindergarten zu begleiten, fuehlen sie sich geehrt, sie gefragt zu haben und nehmen diese Aufgabe liebendgerne an. Egal wann, wo und wie man Hilfe braucht, den Volontaeren wird immer gerne geholfen.

Gelacht wird hier selbstverstaenlich auch sehr oft. Vom mitgebrachten Spiel „Halli Galli“, mit dem die ganze Familie ihre Freude teilt, bis hin zu Fehlern im Spanischvokabular der Volontaere, der Humor hier ist sehr ansteckend. Obwohl die Erwachsenen in Bolivien schon sehr offen sind, und sich vor allem immer ueber die neuen Volontaere freuen und sich um sie kuemmern, so sind die Kinder noch einmal eine Stufe offener. Schon nach einem Tag im Hort, wurden wir von ihnen angestuermt, umarmt und dabei fast umgestossen, sodass man meinen koennte, wir waeren schon ein Monat in Santa Cruz. So viele Erfahrungen wurden in so einer kurzen hier gemacht, doch trotzdem warten jeden Tag neue Dinge auf uns, die wir nicht erwarten koennen zu entdecken.

Über Anna-Maria Marschner

Gründerin und Obfrau von FAMUNDI

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